Betriebsrente

Betriebsrente – Vorsicht bei Änderungswünschen des Arbeitgebers

Betriebsrenten werden in der persönlichen Altersvorsorge immer wichtiger. Gleichzeitig sehen die Unternehmen den langfristigen Aufwand, der die Bilanzen belastet. Aber die Möglichkeiten, bestehende Versorgungssysteme zu ändern, sind begrenzt. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) setzt klare Grenzen. Einmal gegebene Versorgungszusagen können praktisch nicht aufgehoben werden, Änderungen sind häufig nur für die Zukunft möglich. Selbst eine ‘Kündigung’ bestehender Regelungen wirkt lediglich für Neueintritte. Betriebsräte müssen vor diesem Hintergrund sehr genau überlegen, ob überhaupt eine Notwendigkeit zur Änderung/Anpassung besteht und vor allem, ob sie tatsächlich in bestehende Besitzstände eingreifen können. Klare Grenzen für Änderungen Das BAG schreibt mit der sog. “3-Stufen-Theorie” ausdrücklich vor, ob und wie in die Vergangenheit (so gut wie nie) oder evtl. in zukünftig anwachsende Ansprüche eingegriffen werden kann. Erdiente Anwartschaften können nur angetastet werden, wenn zwingende Gründe vorliegen. Gemeint ist der Teil der Versorgungsanwartschaft, der aus der dienstzeitabhängigen Berechnung ergibt, also die eingetretene unverfallbaren Anwartschaft. Sollten triftige Gründe vorliegen, kann auch in die Dynamik, also die weitere Steigerung der bestehenden Anwartschaft eingegriffen werden. Erst auf der Stufe, bei der sachliche Gründe ausreichen, kann das weitere Ansteigen von Anwartschaften teilweise eingeschränkt werden. Man spricht konkret von sachlich-proportionalen Gründen, weil nur in dem Umgang, wie ein Anlass besteht, tatsächliche (willkürfreie) Änderungen möglich sind. Als mögliche Gründe kommen hier in Betracht, die Versorgungsmittel neu zu verteilen, um bislang überhaupt nicht oder schlechter versorgte Mitarbeitergruppen in die Versorgung einzubeziehen (vgl. BAG v. 8.12.1981 – 3 ABR 53/80).

Keine Eingriffe in die Vergangenheit

Wollte man in bereits erdiente Anwartschaften, einschließlich deren Steigerungen eingreifen, müssten zwingende oder triftige Gründe (der 1 und 2. Stufe) vorliegen. Das ist so gut wie nie der Fall. Selbst der Ansatz, für Generationengerechtigkeit sorgen zu wollen, trägt nicht. Das BAG hat hierzu ausgeführt, die erdienten Anwartschaften (der Vergangenheit) seien in der Regel ausfinanziert und die jüngeren Mitarbeiter hätte dazu schlicht nicht beigetragen oder beitragen können (vgl. BAG v. 07.07. 1992 – 3 AZR 522/91). Außerdem: Eine Umverteilung (oder ‘Umstrukturierung’) wäre immer eine Kürzung, das heißt, es müssten immer gravierende wirtschaftliche Gründe zur Rechtfertigung vorliegen. Besitzstände sichern Das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) selbst schreibt die Regelung vor, wie und in welcher Höhe Besitzstände bei der betrieblichen Altersversorgung bestehen. Mit der sog. m/n-tel Methode, also dem Verhältnis von absolvierter Zeit (m) zu maximal möglicher Zugehörigkeit (n) lässt sich zu jedem beliebigen Zeitpunkt der Besitzstands-Prozentsatz errechnen. Vorsicht ist allerdings geboten, weil es auf den – zukünftigen ! – Wert der Anwartschaft ankommt. Steigt dieser üblicherweise weiter an (z.B. durch regelmäßige Gehaltserhöhungen), muss dieser als Basiswert der künftigen Anwartschaft ermittelt werden. Oder ein errechneter Besitzstand ist dann genauso, wie bei Fortführung einer bestehenden Regelung, an die künftige Dynamisierung anzupassen.

Aber die Zinsen sind so niedrig …

Die aktuelle Diskussion (seit 2014) geht nun dahin, die Unternehmen müssten wegen der niedrigen Zinsen hohe versicherungsmathematische Verluste ausweisen, die Bilanzen würden ‘verhagelt’. Richtig ist, dass der künftige Aufwand für Versorgungsleistungen (hochgerechnet auf das Alter bei Ausscheiden aus dem Unternehmen) Rückstellungen in der Bilanz erfordert. Richtig ist aber auch, dass damit nur eine Bilanzgröße betroffen ist – eine tatsächliche Verbindlichkeit tritt dagegen noch nicht ein. Wenn also die Unternehmen – versicherungsmathematisch gerechnet – Jahr für Jahr den (späteren) Anspruch berechnen, die entsprechenden Zinsen auf die Rückstellung aber nicht realisieren können, bedeutet dies bilanztechnisch zunächst eine Steigerung der Verluste. Nur ist dies eben alles eine Momentaufnahme, während die betriebliche Altersversorgung auf Langfristigkeit ausgelegt ist. Niemand weiß, wohin sich die Zinsen entwickeln werden und einer Niedrigzinspolitik folgt regelmäßig eine Erhöhung des Zinsniveaus. Umgekehrt haben die Unternehmen in Hochzinsphasen eher davon profitiert, geringere Rückstellungen gebildet zu haben, was auch nicht etwa einen Anpassungsdruck ausgelöst hat.

Anpassungen nur für Neueintritte möglich

Nach dem Prinzip geschützter Besitzstände können Änderungen in betrieblichen Versorgungssystemen praktisch nur für neueintretende Mitarbeiter vorgenommen werden. Selbst wenn ein Unternehmen die bestehende Versorgungsregelung kündigt, wirkt eine solche Kündigung nicht für die Alten. Eine Kündigung bedeutet nur, für Neue eine abweichende Regelung vorzusehen und – in der Regel – geringere Zusagen geben zu wollen.

Die “goldene Unterschrift” des Betriebsrates

Betriebsräte müssen also unbedingt darauf achten, nicht vordergründig vorgetragenen Argumenten (Generationengerechtigkeit, Niedrigzinsphase) zu folgen und so etwa bestehende Besitzstände – auch den Besitzstand künftiger Steigerungen – anzutasten. Es gilt: Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend für alle beschäftigen Arbeitnehmer. Mit der Zustimmung zu einer Änderung von Versorgungsregelungen würde jeder Betriebsrat unmittelbar in bestehende Ansprüche eingreifen. Vorsicht ist also geboten und dringend zu empfehlen, sich externen Sachverständigenrat einzuholen.

Altersgrenzen können Arbeitgeber und Betriebsrat festlegen

Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat können eine Altersgrenze für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jetzt mit Entscheidung vom 5. März 2013 (Az.: 1 AZR 417/12) festgestellt. Nach Auffassung des BAG sind die “Grundsätze von Recht und Billigkeit” (§ 75 Abs. 1 BetrVG) gewahrt, wenn die Altersgrenze an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem der Arbeitnehmer die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen kann. Eine solche Regelung verstößt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Das Gericht hatte sich damit auseinander zu setzen, ob evtl. einzelvertragliche Abmachungen Vorrang vor der Altersgrenzenregelung der Gesamtbetriebsvereinbarung haben, lehnte diese Auffassung allerdings ab. Wichtig ist an der Entscheidung, dass natürlich nur auf die “Regelaltersgrenze” abgestellt werden konnte. Sonst (etwa bei genereller Festlegung des 65. Lebensjahres) hätte das Gericht sicher eine unzulässige Regelung angenommen.

Ausscheiden mit 65 nach Betriebsvereinbarung?

Ab dem Jahr 2012 trifft es den ersten Jahrgang (1947). Die gesetzliche Altersrente wird nicht mit Vollendung des 65. Lebensjahres, sondern erst einen Monat später gezahlt. Die Frage ist natürlich, welche arbeitsrechtlichen Auswirkungen sich ergeben. Typischerweise ist in Arbeitsverträgen geregelt die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Ändert sich also jetzt etwas durch den (gestaffelten) späteren Rentenbeginn? Klare Antwort: Ja. Die Arbeitnehmer können natürlich verlangen, bis zur neuen gesetzlichen (Regel-)Altersgrenze weiterbeschäftigt zu werden. Die gesetzliche Grundlage dafür findet sich in § 41 Satz 2 SGB VI. Dort heißt es, dass eine Vereinbarung über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses (ohne ausdrückliche Kündigung) zwar getroffen werden kann, diese aber als Vereinbarung gilt, die auf “das Erreichen der Regelaltersgrenze” abstellt. Und da es die schrittweise Anhebung des bisherigen Regel-Rentenalters nun einmal gibt, wächst diese Grenze in den nächsten Jahren (bis zum Jahr 2029) nach oben. Eine interessante Frage ist nun, ob etwa die Betriebsparteien, also Arbeitgeber und Betriebsrat, eine abweichende Regelung treffen können, also – weiterhin – das 65. Lebensjahr als Regel für ein Ausscheiden festschreiben können. Ein solcher Fall lag dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen vor. Da es in dem dortigen Tarifvertrag keine Regelung zur Altersbegrenzung gab, legten diese die Betriebsparteien (auf das 65. Lebensjahr) fest. Eine dagegen erhobene Klage hatte (zunächst) keinen Erfolg. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen. Das Gericht in Hannover argumentierte, mit Hinweis auf eine BAG-Entscheidung aus 2010, eine Regelaltersgrenze stelle zwar eine auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung bei den Entlassungsbedingungen dar, diese Benachteiligung sei aber nach § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG gerechtfertigt. Aber eben nur dann, “wenn eine wirtschaftliche Absicherung durch Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegt”.

Betriebsvereinbarung kann nicht verschlechtern

Dies spricht also dagegen, in einer Betriebsvereinbarung generell auf die Beendigung zum 65. Lebensjahr abzustellen. Schließlich bedeutet jedes vorherige Ausscheiden (mit 65, obwohl die Rente erst später eintritt) eine Rentenkürzung von 0,3 % Abschlag pro Monat.

Auswirkung auf Betriebsrenten

Übrigens ist eine ganz andere Frage, den Beginn einer Betriebsrente dennoch auf das Alter 65 festzulegen. Hier sind die Betriebsparteien frei, die eigene soziale Absicherung für den Fall zu schaffen, dass Arbeitnehmer dennoch mit 65 ausscheiden wollen.